Lebenslang für Raser

Lebenslang für die schweren Folgen eines Autorennens in Berlin

Zwei Männer rasen mit ihren Autos durch Berlin, fahren mit Geschwindigkeiten bis zu 170 km/h und dann kommt es zum Unfall. Ein unbeteiligter Mensch stirbt. Heute hat das Schwurgericht sein Urteil gesprochen. Mord, lebenslange Freiheitsstrafe und damit ist die Mindestverbüßungsdauer 15 Jahre festgeschrieben. In einem kurzen Moment sind mindestens drei Leben nachhaltig zerstört worden. Die Presse spricht von einem richtungsweisenden Urteil, einmalig in der Geschichte der BRD. Nun die hier Angeklagten haben mit einer Verurteilung zu langjährigen Haftstrafen rechnen müssen. Immerhin hatte das Landgericht Limburg in einem ähnlichen Fall im Dezember 2015 einen Fahrer eines PKW der sich einer Verkehrskontrolle entziehen wollte und dann als Geisterfahrer einen tödlichen Unfall verursacht hatte zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt und der Bundesgerichtshof hat die Revision gegen dieses Urteil zurückgewiesen.

Besteht ein Unterschied darin, sich im Rahmen einer Polizeikontrolle, derselben entziehen zu wollen und in den Gegenverkehr zu fahren, und dann einen schweren Verkehrsunfall zu verursachen bei dem ein Mensch stirbt zu der Durchführung eines „Autorennens in der Innenstadt“ wo dann unter Missachtung aller Regularien des Straßenverkehrs, mit bis zu 170 km/h gefahren wird?

§ 315c StGB Gefährdung des Straßenverkehrs sieht eine maximale Strafandrohung von bis zu 5 Jahren vor. Dem erkennenden Landgericht – Schwurgericht – hat dies nicht ausgereicht und auch nicht der Staatsanwaltschaft. Anklage und Gericht wollten ein Zeichen setzen. Es hätte die jetzt Verurteilten auch wegen § 224 StGB gefährliche Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von bis zu 10 Jahren verurteilen können. Auch dies hat dem Landgericht nicht ausgereicht.

Die Verurteilung wegen Mordes

 
§ 211 Mord

(1) Der Mörder wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft.

(2) Mörder ist, wer
aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen,
heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitteln oder
um eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken,
einen Menschen tötet.

 

wirft hier zunächst nicht so viele Fragen auf. Ohne Frage haben die beiden Verurteilten, mit dieser Fahrweise in einer Innenstadt, durchaus riskiert, dass andere Menschen zu Schaden kommen können. Ob sich das Führen eines PKW mit einer Geschwindigkeit von bis zu 170 km/h in einer Stadt als Nutzung eines gemeingefährlichen Mittels generell subsumieren lassen wird, erscheint zumindest nicht fraglich. Aber der Frage nach den niedrigen Beweggründen kann nicht ad hoc zustimmend beantwortet werden.

Zunächst umfasst das Mordmerkmal mit gemeingefährlichen Mitteln die besondere Gefährlichkeit der Art und Weise der Tatausführung, Die Rechtsprechung stellt hier oft auf die besondere Rücksichtslosigkeit des Täters ab, was allerdings nur als das subjektive Korrelat der objektiven Gefährlichkeit der Tathandlung zu sehen ist. In der Rechtsprechung und vorherrschenden Meinung bei der Definition dieses Merkmals in Bezug auf die subjektiven Kriterien, wird dazu auf eine Konkretisierung verzichtet. Hiernach liegt eine Tötung mit gemeingefährlichen Mitteln dann vor, wenn der Täter ein Mittel zur Tötung einsetzt, das in der konkreten Tatsituation eine Mehrzahl von Menschen an Leib und Leben gefährden kann, weil er die Ausdehnung der Gefahr nicht in seiner Gewalt hat (Fischer StGB 64. Aufl. 2017 Anm. 59 zu § 211 StGB). Nach der vorherrschenden Meinung ist eine Gefahr für das Leben der unbeteiligten Personen nicht erforderlich, ausreichen soll hier (schon) die Gefährdung der körperlichen Integrität. Die Frage ist hier also nur noch, inwieweit ein Fahrzeug ein gemeingefährliches Mittel im Sinne dieser Rechtsprechung sein kann. Die Entscheidung des Landgerichtes Berlin ist kein Novum, wie einer der Verteidiger anmerkte. Denn auch das an sich nicht gemeingefährliche KFZ kann zum gemeingefährlichen Tötungsmittel werden, wenn es in concreto gegebenen Umständen, eine Gefahr für einen größeren Personenkreis begründet. So hat der BGH in der Rechtsprechung hierzu Kraftfahrzeuge als gemeingefährlich angesehen, wenn dies von einem Amokfahrer über belebte Gehwege und Terrassen gesteuert wird (BGH = NStZ 2006, 167). Auch wenn ein Geisterfahrer in Suizidabsicht einen tödlichen Unfall provozieren will (BGH = NStZ 2006, 503). Allerdings setzt eine Tötung mit gemeingefährlichen Mitteln voraus, dass der Täter diese Mittel dann auch zur Tötung einsetzt. So soll nach der Rechtsprechung des BGH das bloße Ausnutzen einer bereits vorhandenen Situation dann nicht genügen, selbst wenn der Täter diese Situation ohne Tötungsvorsatz herbeigeführt hat (BGHSt 34. 13).

Einen Tötungsvorsatz hat das Landgericht nicht unterstellt. Dies musste es auch nicht.

Wird die Entscheidung des Landgerichtes Berlin rechtskräftig, dann wird es eine grundlegende Veränderung zu der Strafverfolgung von Rasern geben, was – und das ist keine Frage - umfassend zu begrüßen wäre.

Denn wie wäre dann rechtlich zu beurteilen, wenn bei einer Fahrt auf der Autobahn im Überholvorgang auf der dritten Spur – von hinten – ein Auto heranrast, fast in den Kofferraum fährt, der wenig erfahrene Fahrer des davor fahrenden Fahrzeuges das Lenkrad verreißt und es zu einem schweren Unfall mit Toten kommt? Oder wenn auf der Landstraße in einer konkret nicht einsehbaren Kurve ein viel zu schneller Fahrzeugführer überholt und es zum Unfall mit Toten kommt? Das wäre dann, nach der Definition des LG Berlin möglicherweise ein versuchter Mord. Oder? Die Entscheidung des LG Berlin mag auf viel Zustimmung treffen – aber bei einer nüchternen Betrachtungsweise und falls der BGH sie halten sollte, wofür einiges spricht, wird sie eine grundsätzliche Veränderung in Teilen der Rechtsprechung nach sich ziehen.

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