Durchsuchungsanordnung eines Amtsgerichtes und Aufhebung. LG Köln vom 23.02. 2018 <102 Qs 2/18>. Der Besitz eines Mobiltelefones stellt kein verdachtsbegründendes Verhalten dar und rechtfertigt demzufolge auch keine Wohnungsdurchsuchung.

Durchsuchungsanordnung eines Amtsgerichtes und Aufhebung. LG Köln vom 23.02. 2018 <102 Qs 2/18>. Der Besitz eines Mobiltelefones stellt kein verdachtsbegründendes Verhalten dar und rechtfertigt demzufolge auch keine Wohnungsdurchsuchung.

Mit Durchsuchungsbeschluss vom 18.12. 2017 ordnete das Amtsgericht die Durchsuchung an. Der Beschluss erging auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft. Diese hatte im Rahmen eines anhängigen Ermittlungsverfahrens gegen den Betroffenen, schon zuvor einen Durchsuchungsbeschluss erwirkt, der auch umgesetzt wurde. Im Nachgang zu der Auswertung dieser ersten Durchsuchung, hat dann die Staatsanwaltschaft erneut bei dem Amtsgericht, einen Durchsuchungsbeschluss mit der Begründung beantragt, der Beschuldigte verfüge über ein Mobiltelefon. Was eine Zeugin mitgeteilt habe. Seinerzeit waren auf dem Mobiltelefon des Beschuldigten Hinweise auf strafrechtlich relevantes gefunden worden. Das Amtsgericht begründet den Beschluss damit, dass eine erneute Durchsuchung in den Wohnräumlichkeiten zur Auffindung weiterer Beweismittel führen werde.

 

102 Qs 2/18

251 Js 499/17

503 Gs 2907/17

Amtsgericht Köln

 

Beschluss

ln dem Ermittlungsverfahren

Verteidiger:       Rechtsanwältin Hanna Henning,

Gießener Str. 6a, 35410 Hungen

hat die 2. große Strafkammer des Landgerichts Köln als Jugendschutzkammer durch

den

am 23.02.2018

beschlossen:

Auf die Beschwerde des Beschuldigten vom 12.02.2018 wird der Beschluss des Amtsgerichts Köln vom 18.12.2017 - Az: 503 Gs 2907/17 aufgehoben.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die notwendigen Auslagen des Beschuldigten werden der Staatskasse auferlegt.

Gründe:

I. Die Beschwerde des Beschuldigten vom 12.02.2018 ist, soweit sie sich gegen den im Tenor genannten Durchsuchungsbeschluss des Amtsgerichts Köln vom 18.12.2017 richtet, zulässig und begründet.

Die Anordnung der erneuten Durchsuchung der Wohnräume des Beschuldigten - welche im Hinblick auf die noch andauernde, auf § 110 StPO gestützte Auswertung des hierbei am 08.01.2018 mitgenommenen Mobiltelefons noch nicht beendet, ist (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 60. Aufl. 2017, § 105 Rn. 15) – erfolgte rechtsfehlerhaft. Die Voraussetzungen gemäß § 102 StPO für eine (weitere) Durchsuchung beim Beschuldigten lagen nicht vor. Es fehlte an einem gemäß § 102 StPO erforderlichen              Anfangsverdacht, der die Anordnung    einer     zweiten Durchsuchungsmaßnahme rechtfertigt.

Das Amtsgericht Köln stützt seine angefochtene Entscheidung - dem Antrag der Staatsanwaltschaft vom 14.12.2017 folgend - auf einen Tatverdacht gegen den Beschuldigten die zeitlich nach der ersten Durchsuchung seiner Wohnung am 18.07.2017 liegen sollen, bezieht. Es sieht einen solchen Tatverdacht aufgrund des Auswertungsergebnisses des bei der ersten Durchsuchungsmaßnahme mitgenommenen Mobiltelefons, das den Verdacht gegen den     Beschuldigten begründe, bis unmittelbar vor der ersten Durchsuchungsmaßnahme in mindestens, sowie aufgrund der Aussage der Zeugin , wonach der Beschuldigte wieder im Besitz eines Mobiltelefons sei, als gegeben an. Nach Auffassung des Amtsgerichts stehe daher zu vermuten, dass die Durchsuchung in den Wohnräumlichkeiten des Beschwerdeführers zur Auffindung weiterer Beweismittel führen würde, welche zum Nachweis weiterer führen würden.

Diese Begründung überzeugt nicht. Vielmehr kann die Kammer tragfähige Gründe für einen auf den Zeitraum nach der ersten Durchsuchungsmaßnahme vom 18.07.2017 bezogenen Tatverdacht nicht erkennen.

Mit der Garantie der Unverletzlichkeit der Wohnung durch Art. 13 Abs. 1 GG erfährt die räumliche Lebenssphäre des Einzelnen einen besonderen grundrechtlichen Schutz; das Gewicht des Eingriffs verlangt deshalb Verdachtsgründe, die über vage Anhaltspunkte und bloße Vermutungen hinausreichen; die Durchsuchung darf insbesondere nicht der Ermittlung von Tatsachen dienen, die den Verdacht erst begründen, sondern setzt einen Verdacht bereits voraus (vgl. etwa LG Limburg, Beschluss vom 03. Februar 2015 - 1 Qs 160/14 -, Rn. 8, jurls; BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 15. August 2014 - 2 BvR 969/14 -, Rn. 37 f., Juris; jew. m.w.N.). Soll bei einem Beschuldigten, bei dem schon eine Wohnungsdurchsuchung stattgefunden hat, wegen der Vermutung danach fortgesetzter Straftaten nochmals durchsucht werden, kann diese erneute Maßnahme nicht allein auf die bereits vor der ersten Durchsuchungsmaßnahme bestehende Verdachtslage gestützt werden. Es bedarf vielmehr eines neuen Anfangsverdachts, dessen Gründe nicht lediglich aus dem Tatverdacht hinsichtlich vor der ersten Durchsuchung begangener Straftaten resultieren. Zwar kann ein Anfangsverdacht für die Begehung einer Straftat auch durch ein an sich legales Verhalten begründet werden, wenn weitere Anhaltspunkte hinzutreten (s. etwa BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 15. August 2014 - 2 BvR 969/14 “, Rn. 38, juris, m.w.N.). Auf ein verdachtsbegründendes Verhalten des Beschuldigten nach der Durchsuchung kann indes nicht völlig verzichtet werden. Andernfalls ließe allein der Tatverdacht bzgl. bereits begangener Taten einen Anfangsverdacht im Hinblick auf neue Straftaten entstehen, mit der Folge, dass bei einem Beschuldigten in gewissem zeitlichen Abstand wieder und wieder Durchsuchungen durchgeführt werden könnten, ohne dass der Beschuldigte dies -etwa durch Vermeidung jedweden auch nur verdächtig erscheinenden Verhaltens -abwenden könnte. Dies wäre mit der schweren Eingriffsqualität einer Wohnungsdurchsuchung in die durch Art. 13 Abs. 1 GG besonders geschützte räumliche Lebenssphäre des Einzelnen nicht vereinbar.

Vorliegend haben die aus der ersten Durchsuchungsmaßnahme resultierenden Ermittlungsergebnisse zwar den anfänglichen Verdacht gegen den Beschuldigten bzgl. der ….. . Diese Verdachtslage beschränkt sich jedoch auf Taten, die zeitlich vor bzw. bis zur ersten Durchsuchungsmaßnahme liegen. Konkrete Hinweise auf Verhaltensweisen des Beschuldigten, die auf eine Fortsetzung entsprechender Taten nach der ersten Durchsuchung am 18.07.2017 schließen ließen und über vage Anhaltspunkte und bloße Vermutungen hinausgingen, waren bei Erlass des mit der Beschwerde angegriffenen Durchsuchungsbeschlusses indes nicht gegeben. DemUmstand, dass der Beschuldigte nach Aussage einer Zeugin im Juli/August 2017 in der Nähe des an den seines Wohnortes auf einem Mobiltelefon „herumgetippt“ habe, lässt sich kein signifikanter Indizwert für die neuerliche Begehung von Straftaten entnehmen. Denn der Besitz und die Benutzung eines Mobiltelefons stellen eine derart allgegenwärtige und sozialadäquate Betätigung dar, dass dem keine Anhaltspunkte für strafbare Handlungen zu entnehmen sind. Dem Beschuldigten kann daher auch nicht verdachtsbegründend angelastet werden, dass er sich offenbar nach der ersten Durchsuchung, bei der sein zum damaligen Zeitpunkt benutztes Mobiltelefon sichergestellt wurde, ein neues Mobiltelefon beschaffte. Auch eine Gesamtwürdigung unter Berücksichtigung der ermittelten Verdachtsgründe für bis zum Zeitpunkt der ersten Durchsuchungsmaßnahme begangene Straftaten sowie des weiteren Umstands, dass der Beschuldigte bereits mehrfach einschlägig vorbestraft ist und die letzte Verurteilung wegen …….. die er während einer laufenden Bewährung begangen hat, führt nicht dazu, dass der erneute Besitz eines Mobiltelefons als verdachtsbegründendes Verhalten für nach der ersten Durchsuchung am 18.07.2017 fortgesetzte Missbrauchstaten des Beschuldigten gewertet werden kann, das eine erneute Wohnungsdurchsuchung und damit einen erneuten schwerwiegenden Eingriff In die grundrechtlich geschützte Lebenssphäre des Beschuldigten rechtfertigt.

Die Kammer stellt klar, dass diese Entscheidung sich lediglich auf die Überprüfung des angefochtenen zweiten Durchsuchungsbeschlusses des Amtsgerichts Köln vom 18.12.2017 beschränkt und einer erneuten Anordnung einer Wohnungsdurchsuchung nicht entgegensteht, falls die weiteren Ermittlungen zureichende tatsächliche Anhaltspunkte für den Anfangsverdacht weiterer Straftaten des Beschuldigten ergeben sollten und die weiteren Voraussetzungen des § 102 StPO vorliegen.

Da die Beschwerde zur Aufhebung der angefochtenen amtsgerichtlichen Entscheidung führt, bedurfte es der Gewährung der in der Beschwerdeschrift vom 12.02.2018 beantragten Akteneinsicht für die Verteidigerin zwecks weiterer Begründung der Beschwerde nicht mehr.

Soweit der Beschuldigte sich mit seiner Beschwerde vom 12.02.2018 zugleich gegen eine Beschlagnahme des bei der (zweiten) Durchsuchung am 08.01.2018 mitgenommenen Mobiltelefons wendet, ist eine Entscheidung der Kammer nicht veranlasst, da Insoweit keine beschwerdefähige Entscheidung des Amtsgerichts vorliegt. Eine Beschlagnahme des Mobiltelefons Ist bisher nicht gerichtlich angeordnet worden. Die Staatsanwaltschaft hat die Auswertung des Mobiltelefons vielmehr auf Grundlage des § 110 StPO angeordnet.

 

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