Freiheitsberaubung durch Nichtbefolgung einer gerichtlichen Aussetzungsentscheidung gem. § 57 StGB?

Thomas Henning

In der Praxis wohl eher überwiegend kein Thema.

Nach erfolgtem Aussetzungsantrag bei der zuständigen Strafvollstreckungskammer, die Anhörung und im Nachgang dazu der Aussetzungsbeschluss. Beide Strafen, werden nach Verbüßung der Hälfte frühestens ab dem 17.02. 2017 zur Bewährung ausgesetzt und die Verurteilte ist zu entlassen. Die zuständige Staatsanwaltschaft erklärt bereits am 10.02. 2017 Rechtsmittelverzicht und die Mandantin sitzt auf gepackten Sachen, wartet darauf, dass man diese am Morgen des 17.02. 2017 auch entlässt. So sieht es das Gesetz zwingend vor und das die Mandantin noch am Vormittag des 17.02. 2017 zu entlassen ist, ergibt sich aus § 17 Absatz 1 HStVollzG. Theorie und Praxis. In der Regel ist es so, dass wir von den Mandanten informiert werden, ob die Entlassung auch erfolgt ist. Hier erreicht uns die Information, dass die Mandantin nicht entlassen wurde erst nachmittags am 17.02. 2017. Die Mandantin teilt mit, sie sei nicht entlassen worden. Man habe ihr mitgeteilt, die Entscheidung des LG Kassel sei nicht rechtskräftig, insbesondere habe die zuständige Staatsanwaltschaft keinen Rechtsmittelverzicht erklärt. Selbstverständlich haben wir bei vorher bei der Geschäftsstelle des LG Kassel nachgefragt – und von dort aus wurde uns mitgeteilt – die Entscheidung sei rechtskräftig. Die Mandantin wird dann erst am Montag dem 20.02. 2017 aus der Haft entlassen. Dies wollen und können wir so nicht stehen lassen. Wir fragen nach. Jeweils mit Schreiben vom 21.02. 2017 fragen wir bei der Strafvollstreckungskammer und der Staatsanwaltschaft unter Hinweis darauf, dass die Mandantin nicht am 17.02. 2017 entlassen wurde an, worauf die Nichtentlassung beruht.  Diese Schreiben bleiben zunächst unbeantwortet. Am 21.03. 2017 fragen wir erneut an, welche Hinderungsgründe denn nun gegeben sind, unsere Anfragen zu beantworten. Hier erhalten wir dann unter dem Datum vom 04.04. 2017 die Antwort der Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht Kassel, dass von dort aus am 10.02. 2017 Rechtsmittelverzicht erklärt wurde. Allerdings hatten wir auch beantragt, uns das Entlassungsersuchen an die JVA zu übermitteln. Dieses wurde uns nicht übersandt. Wir haben dies erneut beantragt. Zugleich haben wir uns mit weiterem Schriftsatz vom 05.04. 2017 unmittelbar an den Leiter der JVA Kassel I gewandt, mit der noch recht freundlichen Bitte uns gegenüber darzulegen, weshalb die Mandantin nicht am 17.02. 2017 entlassen worden ist.

Nun wie geht es weiter?

Freiheitsberaubung Ja oder Nein?

Ist die Verurteilte nach Rechtskraft der Entscheidung frühestens am 17.02. 2017 aus der Haft zu entlassen, dann ist sie auch am 17.02. 2017 zu entlassen. Das Gesetz kennt hier kein Wenn Oder Aber.

§ 239 StGB ist hier der strafrechtliche Tatbestand. Zunächst ergibt sich aus § 239 Absatz 1 StGB, dass wer einen Menschen einsperrt oder andere Weise der Freiheit beraubt mit Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren oder mit Geldstrafe zu bestrafen sei. Nun ist § 239 StGB ein klassisches Freiheitsdelikt. Die Anspruchsvoraussetzungen sind hier gegeben. Der Tatbestand einer Einwilligung kann hier nicht vorgelegen haben eine rechtliche Grundlage für die Fortsetzung der Inhaftierung gab es ab dem 17.02. 2017 auch nicht mehr. Die Missachtung gerichtlicher Anordnungen und Entscheidungen im Strafvollzug ist kein Einzelfall. So gibt es den Fall aus Bayern, wo in einer schon bemerkenswerten Art und Weise, die Anordnung des Gerichtes, Häftling im Koma ans Bett gefesselt - Richter zeigt Gefängnis an, schlichtweg ignoriert wurde. Auch in Hessen sind die Fälle der Missachtung gerichtlicher Entscheidungen im Bereich des Strafvollzuges keine Einzelfälle. Die Nichtentlassung eines Gefangenen trotz rechtskräftiger Entscheidung eines Gerichtes, wird erneut die Gerichte beschäftigen. Zumindest die Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht Kassel wird viele Fragen zu beantworten haben. Immerhin wurde ihr am 21.02. 2017 vorab per Fax mitgeteilt, dass die Entlassung nicht am 17.02. 2017 erfolgt ist. Wir wissen noch nicht wer letztlich die Schuld an der Nichtentlassung trägt. Viele Möglichkeiten gibt es hier nicht. Entweder wurde an die Vollzugsanstalt ein Entlassungsersuchen nicht gerichtet oder aber die JVA hat die Entlassung nicht umgesetzt.

Wir werden hierzu weiter berichten.

 

 

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