Erlass einer einstweiligen Anordnung

Zwangsmedikation in der Unterbringung nach § 63 StGB

 

 

Erlass einer einstweiligen Anordnung/Aussetzung der angeordneten Zwangsmedikation

Landgericht Hannover

5. Strafvollstreckungskammer

Geschäftszeichen; 29 StVK 155/19

 

Beschluss

Antragsteller

Verfahrensbevollmächtigte Rechtsanwältin Henning

g e g e n

die Klinik XY

Antragsgegnerin

 

hat die 5. Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Hannover durch die Richterin XY am 18.10.2019 beschlossen:

 

Der Vollzug der mit Bescheid der Antragsgegnerin vom 04.10.2019 angeordneten Behandlung einer Anlasserkrankung gegen den natürlichen Willen des Antragstellers wird bis zur Hauptsache Entscheidung ausgesetzt.

 

GRÜNDE

 

Der Antragsteller befindet sich aufgrund rechtskräftiger Verurteilung im Maßregelvollzug des Klinikum XY.

Mit Anordnung vom 04.10.2019 ordnete die Antragsgegnerin die medikamentöse Behandlung der Anlasskrankheit des Untergebrachten gegen dessen Willen an. Gegen diese Anordnung stellte der Antragsteller durch seine Verfahrensbevollmächtigte mit Schreiben vom 14.10.2019 Antrag auf gerichtliche Entscheidung gem. § 109 ff StVollzG und beantragte zugleich den Erlass einer einstweiligen Anordnung dahingehend, dass bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache der Klinik untersagt wird, eine Behandlung des Antragstellers gegen seinen Willen durchzuführen. Es bestehe die Gefahr, dass durch die Behandlung des Antragstellers seine Rechte vereitelt und im Wesentlichen erschwert werden und ein höher zu bewertendem Interesse an dem sofortigen Vollzug der Zwangsbehandlung nicht ersichtlich sei.

In der Stellungnahme der Antragsgegnerin vom 16.10.2019 wird zunächst mitgeteilt, dass mit einer Behandlung des Antragstellers nicht begonnen werden wird, bis eine gerichtliche Entscheidung vorliege. Sie trägt im Wesentlichen vor, der Antragsteller sei krankheitsbedingt zu einer freien Willensbildung nicht in der Lage. Er zeige ausgeprägte Symptome eines systematisierten Wahnes, wobei er auch Mitarbeiter in diesen Wahn einbeziehe. Eine gutachterliche Einschätzung durch das Indikationsteam sei, wie auch die nach § 8a NMRVZ erforderlichen Gesprächsversuche, dokumentiert.

 

II.

Die (vorläufige) Aussetzung des Vollzuges der Maßnahme beruht auf § 114 Abs.2 S.1 i.V.m. § 138 Abs.3 StVollzG. Es besteht die Gefahr, dass die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers zumindest wesentlich erschwert wird und ein höher zu bewertendes Interesse an dem sofortigen Vollzug der Maßnahme nicht entgegensteht.

Dabei hatte die Kammer insbesondere zu berücksichtigen, dass eine medikamentöse Zwangsbehandlung einen schwerwiegenden Eingriff in die Grundrechte des Antragstellers auf körperliche Unversehrtheit und das Selbstbestimmungsrecht beinhaltet. Die avisierte medikamentöse Behandlung dient ausschließlich dem Ziel, die Entlassungsfähigkeit und die Wiedereingliederung des Antragstellers in die Gesellschaft zu fördern. Die Reduktion der Krankheitssymptomatik sei wesentliche Voraussetzung für Behandlungsfortschritte als auch für Erprobungen in Vollzugslockerungen. Ausweislich der von der Antragsgegnerin. übersandten Unterlagen besteht die psychisch und physisch problematischen Verfassung des Antragstellers bereits seit mehreren Wochen. So ist das Indikationsteam am 03.09.2019 mit der Erstellung der Gutachten beauftragt worden. Bereits seit Juni 2019 sind Medikamentenmotivationsgespräche geführt worden. Aus den Vermerken ergibt sich, dass der unbehandelte und psychotische Zustand des Antragstellers bereits über einen längeren Zeitraum andauert. Aus der Stellungnahme der Antragsgegnerin ergibt sich indes nicht, dass eine kurzzeitige Aussetzung der Vollziehung der Maßnahme bis zum Zeitpunkt der Hauptsache Entscheidung konkret zu besonderen gesund-heitlichen Nachteilen oder Risiken für den Antragsteller führt. Etwaige für den Antragsteller entstehende Nachteile können durch eine Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden. Insofern ist nach vorläufiger Würdigung der Sach- und Rechtslage und einer Abwägung zwischen dem Interesse an einem sofortigen Vollzug der Maßnahme der Zwangsmedikation und dem Interesse des Antragstellers die Aussetzung des Vollzugs der Maßnahme geboten.

 

 

Richterin

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