Beschluss vom 31.07. 2023 - Aktenzeichen: 203 StObWs 241/23
Bayerisches Oberstes Landesgericht
Az.: 203 StObWs 241/23 601 Ws 529/23 Generalstaatsanwaltschaft München 2 StVK 871/22 Landgericht Würzburg
In dem Maßregelvollzugsverfahren
Bevollmächtigte,
Rechtsanwältin Henning Hanna, Gießener Straße 6 a, 35410 Hungen, Gz.: 23/76
gegen
Klinik für Forensische Psychiatrie
wegen Einsicht in die Patientenakte
hier: Rechtsbeschwerde des Untergebrachten
erlässt das Bayerische Oberste Landesgericht - 3. Strafsenat - durch die unterzeichnenden Richter am 31. Juli 2023 folgenden
Beschluss
GRÜNDE
a) Das Recht auf Selbstbestimmung und die personale Würde eines jeden Patienten (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 CC) begründen, worauf die Rechtsbeschwerde zutreffend hinweist, einen Anspruch auf vollständige Einsicht in die ihn betreffenden Krankenunterlagen sowie die Übermittlung vollständiger Kopien oder Ausdrucke (vgl. BVerfG NJW 2017, 1014 if.. juris. Rn. 17 ff.). Dies gilt auch, wenn der Patient im Maßregelvollzug untergebracht ist (vgl. BVerfG a.a.O. Rn. 19). Art. 32 Abs. 1 des Bayerischen Maßregelvollzugsgesetzes (BayMRVG) sieht vor, dass zu jeder untergebrachten Person eine Patientenakte entsprechend § 630f BGB zu führen ist. Zum Inhalt der Patientenakte bestimmt § 630f Abs. 2 BGB eine Pflicht des Behandelnden, in der Patientenakte sämtliche aus fachlicher Sicht für die derzeitige und künftige Behandlung wesentlichen Maßnahmen und deren Ergebnisse aufzuzeichnen, insbesondere die Anamnese. Diagnosen. Untersuchungen. Untersuchungsergebnisse, Befunde, Therapien und ihre Wirkungen. Eingriffe und ihre Wirkungen. Einwilligungen und Aufklärungen. Auch sind Arztbriefe in die Patientenakte mit aufzunehmen. Darüber hinaus ergeben sich weitere Dokumentationspflichten aus Einzelvorschriften des BayMRVG (vgl. Beschluss des Senats vom 29.06.2022. 203 StObWs 171/22).
So hat der Untergebrachte bereits im Oktober 2022 einen diesbezüglichen Verpflichtungsantrag gestellt, aus dem sich ergibt, dass der Untergebrachte schon seit dem Jahr 2021 vergeblich die vollständige Einsicht in seine Krankenunterlagen erreichen wollte. Erst im Mai 2023 hat der Untergebrachte nach Überlassung der vollständigen Krankenakte mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 12.05.2023 die Hauptsache für erledigt erklärt.
Im Anschluss an das vorhandene Feststellungsinteresse muss bezüglich der längerfristig verzögerten Einsichtsgewährung in die vollständigen Patientenakten nunmehr durch die Strafvollstre-ckungskammer eine entsprechende Sachaufklärung zu erfolgen, auch zu deren Hintergründen (vgl. Stellungnahme der Generalstaatsanwaltschaft vom 13.06.2023). Mangels ausreichender Tatsachengrundlagen ist die Sache derzeit nicht entscheidungsreif.
1
Eine Kostenentscheidung ist nicht zu treffen, da der Senat keine das Verfahren abschließende Entscheidung getroffen hat.
Die Entscheidung über den Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens folgt aus §§ 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 8.52 Abs. 1,60.65 GKG.
Rechtsanwältin Hanna Henning
Gießener Str. 6 A
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